Der vorausgegangene Beitrag hat die Frage aufgeworfen, wie bzw. woraus in Marokko Kaffee getrunken wird. Nach dem Ortstermin ist die Antwort eindeutig, es gibt keinen Unterschied zwischen dem Kaffeegenuss in Andalusien und Marokko. In beiden geographischen Einheiten wird der Kaffee aus Gläsern getrunken, es gibt natürlich auch Tassen, die Marrakech ehr den Touristen in Hotels oder Herbergen gereicht werden.
Diese Übereinstimmung führt zu der Frage, ob es weiter Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten in der Alltagskultur gibt. Falls es diese gibt, sollen sie zunächst dargestellt und verglichen werden, um daraufhin auf deren kulturellen Stellenwert einzugehen und die Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen europäischen Werten gegenüberzustellen.
Die Getränke werden, wie bereits erwähnt, aus Gläsern getrunken, darin unterscheidet sich Marrakech nicht von Andalusien. Der Unterschied ist was getrunken wird, das Nationalgetränk schlechthin ist süßer Minztee, den es überall gibt; in Andalusien ist es dagegen Bier. Minztee mit viel Zucker hat bei dem marokkanischen Klima und der dortigen Gesellschaftsstruktur Vorteile, die niemand leugnen wird. Bei großer Hitze ist es wichtig reichlich zu trinken und auch das Essen nicht zu vergessen. Minze und Zucker sind günstig und somit für die große Masse erhältlich, eine zuckerig süße Flüssigkeit erfüllt also beides, sie gleicht den Flüssigkeitshaushalt aus und macht auch noch satt. Zudem handelt es sich um ein nichtalkoholisches Getränk, was in einem arabischen Land, in dem der Islam die Religion der Masse ist, ein weiterer Vorteil ist.
Die Menschen befinden sich auf der Strasse, ihr Leben spielt sich zu einem Großteil genau wie in Andalusien auf der Strasse ab. Das hat sicher verschiedene Ursachen, wie zum Beispiel, das Klima, die Mentalität und auch die Wohnbedingungen selbst. An dieser Stelle muss klar gesagt werden, dass in Marokko und so auch Marrakech große Armut herrscht. Die Menschen sind wesentlich ärmer als in Andalusien zum Beispiel. Die Armut sticht ins Auge.
Es gibt überall in den Strassen und vor den Moscheen bettelnde Frauen, Männer und Kinder, einige sind versehrt oder um es deutlicher auszudrücken, Krüppel.
Auch im spanischen Andalusien gibt es viele Bettler und auch hier findet man sie vor Kirchen und in den Einkaufsstrassen. In Spanien gibt es im Gegensatz zu Marokko ein Sozialversicherungssystem, das für Menschen in Not aufkommt. In Marokko ist die Familie, die einzige Möglichkeit Hilfe zu bekommen.
Diejenigen die Arbeit und vermutlich ein eigenes Geschäft haben, sprechen „Europäer“ und Reisende gezielt und wahllos an, um ihnen ihre Dienste anzubieten. Die Arbeitszeiten sind vielleicht gesetzlich geregelt, aber das spielt keine Rolle, wenn Arbeit da ist, wird sie verrichtet. Pausen sind dann eingeplant, wenn es keine Arbeit gibt. Klar, es wird regelmäßig zum Gebet gerufen, wo auch viele, hauptsächlich Männer, in die Moscheen strömen, um kurze Zeit später erneut zur Arbeit zurückzukehren. Aber ganz allgemein ist festzustellen, dass ein emsiges Treiben herrscht. Es gibt zum Beispiel ständig Eselskarren, die mit ihrer Fracht durch das Gedränge schieben.
Beim Spaziergang durch die Stadt fällt auf, dass die Häuser, genauso gut in einem andalusischen Ort stehen könnten, die Farbe mag sich unterscheiden, aber sonst sind sie architektonisch doch sehr ähnlich. Die Fenster sind vergittert, damit die Frauen nicht hinaus können oder sich einen Liebhaber hereinholen können. Die Türen und Eingangsbereich sind nicht sehr gastfreundlich gestaltet, sie scheinen Besucher nicht einlassen, sondern Feinde ab wehren zu wollen. Das wirkt nicht freundlich. Manche Gebäude haben tolle Eingangsbereiche, die Tore oder ehr Portale sind mit Stuck, Holzschnitzereien, oder Kacheln verziert. Die Holzarbeiten sind fantastisch, es gibt Schnitzereien, Malereien oder beides zusammen, die eine Mischung aus arabischen, maurischen und berberischen Elementen wiederspiegeln. Es gibt tolle Handwerksarbeiten.
Wer in einem Cafe sitzend seinen Kaffee aus dem Glas genießend pausiert, kann verwundert aufschrecken, weil etwas nicht ganz zu passen scheint. Doch was ist es, eine Pferdekutsche mit Glöckchen und Schellen fährt vorüber. Das Pferd ist geschmückt. Ja und was passt jetzt nicht? Klar, im andalusischen Sevilla, wie in vielen anderen andalusischen Orten hört und sieht man dies nur zur Feria. Aber die Feria geht auf den Pferdemarkt der Zigeuner zurück, so heißt es. Ist es möglich, dass sich da die Traditionen und Bräuche anders gemischt haben, als allgemein angenommen wird? Kann es sein, dass man das arabische Erbe absichtlich vergessen hat? Möglich wäre das, denn nach dem Rauswurf der Mauren, gab es in Spanien mehrere hundert Jahre die Inquisition, die mit allen Überresten aufräumen wollte. Vergessen und verdrängen sind sicher eine Möglichkeit.