Foto-Post-Karten von Facettenauge

Sehen ist eine erlernte Fähigkeit. Vieles erkennen wir ohne es zu betrachten. Aber erst durch genaues Hingucken, sehen wir, was sich vermutlich vor uns befindet. Den objektiven oder neutralen Blick gibt es nicht. Stattdessen gibt es Facetten. Diese Facetten faszinieren mich, ich möchte sie mit meinen Augen festhalten. Hinter dem Pseudonym Facettenauge verbirgt sich Dorothea Schönfeld.

Andalusische Impressionen
Andalusische Impressionen ist eine Kartensammlung. Fünf Karten zum Thema Andalusien werden hier zusammen präsentiert. Vielleicht scheinen sie auf den ersten Blick wenig mit Andalusien zu tun zu haben, deshalb möchte ich die fünf Motive kurz im Einzelnen vorstellen und einen Erklärungsansatz geben.
Jamón, Jamón: Trockene Erde mit Tierfährten zeig eine der Karten. Die Sonne, die spanischen Korkeichen und die Beschaffenheit des Bodens erzeugen ein einmaliges Spiel von Licht und Schatten. Diese Spuren stammen von Schweinen, die Rasse heißt Pata Negra und ist eine alte spanische Schweinerasse, die traditionell draußen im Freien lebt und sich also artgerecht verhält und ernährt. Aus den Hinterbeinen dieser Tiere wird der berühmte spanische Jamón hergestellt. Der Schinken dieser Tiere ist nicht nur eine Delikatesse, sondern Teil der andalusischen und spanischen Identität.

Azulejos: Azulejos oder auch Fliesen verbinden die meisten Menschen selbstverständlich mit Spanien und Andalusien. Doch die wenigsten wissen, dass die Kunst der Herstellung eine Kooperation aus vormaurischer und maurischer Handwerkskunst entstammen. Die Muster so heißt es seinen typisch für die arabischen Besatzer gewesen, das stimmt so nicht ganz, sie sind das synkretische Werk beider Kulturen.

Durchscheinendes Palmblatt: Das Blatt der Palme erinnert an einen Fächer. Im andalusischen Spanien benutzen Frauen und Männer Fächer, um sich von Hitze und Gerüchen zu schützen. Das Land der Machos wird auf der Karte durch den Schatten eines weiteren Blattes hinter dem Palmblatt symbolisiert.

Brunnen: Glitzernde Wassertropfen fallen in einen maurisch anmutenden Brunnen. Ein Brunnen ist ein Quell des Lebens, aber im trockenen Andalusien ist er auch ein Zeichen des Reichtums und des Luxus. Die Azulejos sind Zeichen von Geschichte, Kultur und Tradition. Wer solch einen Brunnen in seinem Haus hat, kann sich glücklich schätzen.

Sevilla Orangen: Die sogenannten Sevilla Orangen sind bitter, dienen somit zur Herstellung traditioneller englischer Marmelade. Aber sie sind nicht nur gut für Marmelade, sondern prägen auch das Stadt- und Strassenbild der Städte Andalusiens. Besonders im Winter, wenn die Orangen reif werden und ihre typisch orange Farbe annehmen verschönern sie das Straßenbild. Wenn sie aufgeplatzt auf der Straße liegen, verströmen sie einen wunderbaren Duft, den man sonst nirgends riechen kann.

© Facettenauge - Andalusische Impressionen by Dorothea Schönfeld

© Facettenauge – Andalusische Impressionen by Dorothea Schönfeld

Politisch korrekt oder Ende des Westens

In meinem letzten Bericht habe ich über die Prozession der Zigeuner während der Semana Santa gesprochen. Später bin ich ganz lieb und vorsichtig darauf angesprochen worden, ob ich wirklich Zigeuner meine oder nicht doch besser und politisch korrekt Sinti und Roma schreiben sollte. Einerseits ist das vermutlich richtig, andererseits heißt es auf Spanisch ganz deutlich ‚gitanos’. Das ist zum einen die Selbstbezeichnung einer Kirchengemeinde und zum anderen ist die Übersetzung schlicht Zigeuner. (Diese Gemeinde besteht nicht nur aus Zigeunern, sondern auch anderen Menschen, was sie dort vereint ist der Glaube.)

Die politische Korrektheit, ja, das ist so eine Sache. Viele machen sich über sie lustig, wenige nehmen sie wirklich ernst und doch wird genau darauf geachtet, dass nur politisch korrekte Äußerungen ausgesprochen werden. Wenn ich den Begriff „gitanos“ politisch korrekt mit Sinti und Roma übersetzt hätte, wäre das keine korrekte Übersetzung gewesen. Jetzt kann man mir vorwerfen mich nicht politisch korrekt auszudrücken. Was kann ich also tun? Die einfachste Lösung wäre gewesen, immer schön von „gitanos“ zu schreiben. Es wäre klar gewesen, worauf ich hinaus will und was ich eigentlich sagen will, was ich mich aber besser nicht trauen sollte auszusprechen, um politisch korrekt zu sein. Das ist eine seltsame Situation.

Political Correctness ist mit Sicherheit ein guter Ansatz:

Der Begriff kommt aus den USA und wurde von der politischen Linken eingeführt, um Bürgerrechte und auch Menschenrechte zu würdigen. Das ist gut. Menschen, sowie deren Rechte und Würde zu achten, ist positiv und zeugt von Werten, beispielsweise Respekt und Toleranz, die wir in der westlichen Welt achten. Der Begriff wurde gegen Rassismus, Sexismus, Hass und Vorurteile benutzt. Damit stimme ich überein.

Mit der Zeit änderte sich der Gebrauch des Begriffs jedoch. Nun wird er ehr negativ benutzt. Viele Begriffe darf man jetzt nicht mehr benutzen. Wer es tut, bekommt mit erhobenem Zeigefinger gesagt, dass das aber nicht politisch korrekt sei. In anderen Fällen kommt es zu Anzeigen, Verfolgung und Angriffen. Die Konsequenz ist, dass man nicht mehr alles sagen darf.

Es ist sicher sinnvoll über die Folgen von Aussagen nachzudenken, bevor etwas ausgesprochen wird. Aber wenn es soweit geht, dass man bestimmte Dinge, wie Namen, Bezeichnungen und Sachverhalte besser nicht anzusprechen, dann geht das zu weit. Es gibt klar Stereotype und Vorurteile, die mit bestimmten Termini ausgedrückt werden und die man nicht mehr benutzt, weil sie als nicht akzeptabel (nicht politisch korrekt) angesehen werden.

Einige der Begriffe, die nicht mehr als politisch korrekt angesehen werden, wurden durch neue Bezeichnungen ersetzt. Kurz, man hat Begriffe wie Zigeuner ausgetauscht, das ändert nichts an der Tatsache, dass diese spezielle Gruppe von Menschen stigmatisiert werden, sie werden deshalb nicht anders angesehen, ihr Ruf hat sich nicht geändert. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz!

Wenn etwas Bekanntes mit einem neuen Namen versehen oder etwas Neuem einen alten Namen gegeben wird, dann wird versucht eine künstliche Beziehung zu schaffen und das heißt, dass etwas verheimlicht oder verschleiert wird. Das ist Manipulation. Verschleierung ist aber keine Lösung für ein Problem, es wird dadurch nur verschleppt oder verstärkt. Die Umbenennungen verschleiern hier etwas.

Was wird verschleiert? Weshalb soll es verschleiert werden? Versucht man wirklich das Image einer Gruppe zu ändern, wenn man sie umbenennt? Oder ist die Absicht dahinter eine Verstärkung der Stereotype und Vorurteile bezüglich dieser Gruppe? Vermutlich trifft von Allem ein bisschen zu.

Ein neuer Name erlaubt es uns Dinge neu zu entdecken, andere Perspektiven anzuwenden und die Vergangenheit zu vergessen. Das ist durchaus problematisch. Aber es kommt noch besser, wir geben damit die Verantwortung für die Vergangenheit ab. Wir unterbrechen eine Konstante und forcieren eine Art Neubeginn. Das hört sich großartig an. Doch die Vergangenheit ist damit nicht vollendet, man verweigert eine wirkliche Auseinandersetzung und Rehabilitierung, indem Begriffe wie Zigeuner wieder eine positive Konnotation bekommen könnten. Das wird verweigert!

Gleichzeitig ist in der westlichen Gesellschaft eine Tendenz bemerkbar, dass der politischen Korrektheit blind gefolgt wird und in einer Art vorauseilendem Gehorsam versucht wird vermeintlichen Konflikten vorzubeugen. So ist es letzte Weihnachten in Amerika üblich gewesen „non confessional seasons greetings“ oder „holidays“ statt „Merry Christmas“ zu wünschen. Alle wissen, was gefeiert wird, jeder hat die Möglichkeit die Tradition zu hinterfragen oder nur Teilaspekte, beispielsweise den religiösen Aspekt oder den kommerziellen, zu adaptieren. Aber niemand sollte das Recht haben oder gar fordern, dass Weihnachten als Aspekt der westlichen Kultur zu negieren. Denn das bedeutet, dass unsere Identität und somit unser Existenzrecht negiert wird.

Ich möchte, dass ich und meine Kultur genauso akzeptiert und respektiert werden, wie ich fremde Kulturen akzeptiere und respektiere. Wir sind, was wir sind, eine aus vielen verschiedenen Einflüssen gewachsene Gesellschaft, mit all ihren Vor- und Nachteilen, wir haben bisher viel Flexibilität bewiesen und immer die Möglichkeit genutzt uns zu entwickeln und zu verbessern, was aber gerade mit der politischen Korrektheit passiert, sollte stark hinterfragt werden.