Tagebuch der unbeachteten Kleinigkeiten 6

Stadtflucht

Früher herrschte Landflucht. Ich habe in der Schule gelernt, dass die Menschen der Arbeit in die Städte folgten. Dieser Trend begann vor unglaublich langer Zeit, in den Städten gab es schlicht mehr Möglichkeiten, zu Zeiten des Mittelalters unterlagen Städte zudem einer abweichenden Rechtssprechung. Damals hieß es: „Stadtluft macht frei.“ Nun gut, das Recht ist heute überall im Land identisch, aber die Gesetzmäßigkeiten die sind auf dem Land dann doch noch anders. 

Allerdings können noch heute viele ländliche Gegenden von der Landflucht erzählen, viele Orte sind verweist, andere beklagen große Leerstände, bestimmte Dienstleistungen sind auf dem Dorf nicht mehr erhältlich, die Infrastruktur wird weniger gepflegt, zurückgebaut oder einfach nicht weiter ausgebaut, das Alter der Bewohner steigt und die Spirale dreht sich zunehmend schneller nach unten. Doch halt! Das muss nicht das Ende sein. 

Während vor der Corona-Pandemie viele Städte aus den Nähten platzten, ächzte die Infrastruktur, die Spirale wurde immer schneller und wurde mit dem Corona Lockdown abrupt angehalten. Klar, die intensive Besiedlung in den Städten sorgte dafür, dass das Virus sich besonders schnell und unaufhaltsam verbreitete. Doch parallel dazu wurde das Land und Dorfleben wieder entdeckt, denn klar, auch wenn es dort mehr sichtbaren Schmutz gibt, existieren weniger Krankheitsherde. Es gibt mehr frische Luft, auch ist viel mehr Platz für die Menschen vorhanden. In vielen europäischen Ländern starben vorher die Dörfer, jetzt werden sie wiederbelebt. Familien ziehen aufs Land, die mangelhafte Infrastruktur wird ausgebessert und langsam aufgebaut. Mit schnellem und vergleichbarem Internet können Familien und jüngere Leute jetzt auf dem Dorf genauso mithalten, wie in der Stadt. 

Aber das Dorfleben hat aktuell viele Vorteile gegenüber der Stadt. Ein Effekt der Corona-Pandemie ist, dass viele Menschen viele Dinge, die vorher fertig gekauft wurden jetzt selber machen. Brot backen, Marmelade kochen, Joghurt machen und noch 1.000 andere Sachen. Ich gehe Kräuter für Tees sammeln, suche Kräuter und Pilze, je nach Jahreszeit gibt es im und um das Dorf herum eine ganze Menge an Dingen, die ich selber machen kann. Gleichzeitig kann ich im Homeoffice fast alle Arbeiten problemlos erledigen. So kann ich fast unbeschwert die Corona-Pandemie von außen betrachten. Nichts desto trotz trifft mich die Pandemie und schränkt mich ein, aber auf dem Land habe ich ganz andere Freiheiten. 

Tagebuch der unbeachteten Kleinigkeiten 5

Begegnungen

In Spanien gibt es ein Sprichwort, das da lautet: Primavera la sangre altera. (Der Frühling bringt das Blut zum Wallen.) Heute haben wir beim Verlassen des Hauses den Nachbarn getroffen und ein paar Worte mit ihm gewechselt. Wie wir so da standen und redeten, kam Rafael daher. Er hatte einen Strauß rote Rosen in der Hand und wollte erst gar nicht näher kommen, aber irgendwie gab es keinen Ausweg an der Ecke. Es war kurios ihn zu beobachten, einen Mann in den Siebzigern schüchtern und unschlüssig dastehen zu sehen. Er war in diesem Moment wieder ein kleiner Junge von 5 Jahren. Natürlich kam gleich Spott gemischt mit Fragen, für wen die Rosen denn wären. 

In einer Welt, in der es noch Liebe gibt, gibt es auch noch Hoffnung. 

Tagebuch der unbeachteten Kleinigkeiten 4

Abendspaziergang

Bestimmte Routinen ergeben sich einfach … ich gehe abends spazieren… Für Fotos scheint das keine gute Zeit zu sein, aber das Licht ist dann weich und taucht die Umgebung in eine besondere Stimmung. Außerdem treffe ich bei meinem Abendspaziergängen auch verschiedene Katzen, die enttäuscht wären, wenn das Futter nicht käme. 

Tagebuch der unbeachteten Kleinigkeiten 3

Krimi – Unforgotten in Linares 

Landleben gilt als ziemlich langweilig. Es heißt, es geht nicht viel, Austausch beschränkt sich auf Small Talk und eigentlich gibt es nichts. Rückständig und langweilig, nun, ein Spaziergang in den Bergen, die das Tal umschließen bringt immer wieder erstaunliches zum Vorschein… 

Klar, es wird viel getrunken und Alkohol ist für einige Menschen zur Sucht geworden. Das weiß man und redet doch nicht wirklich drüber. Einer der hiesigen Alkoholiker ist Vincente. Er lebt allein, ist Junggeselle und eigentlich immer in einer der Bars anzutreffen. Jeder weiß, dass er schon betrunken aufwacht. Man schätzt sein Alter auf mindestens 70+, allerdings auf die Frage antwortet er, dass er erst 60 ist. Alle sind überrascht, man hätte ihn viel älter geschätzt. Alkohol scheint doch nicht so gut zu konservieren. 

Es wird erzählt, dass Vincente einen Unfall hatte, als er von seinen Ziegen zurückkam. Wir haben Vincentes Auto gefunden… nein, das ist nicht wahr, aber wir haben ein Auto gefunden… 

Tagebuch der unbeachteten Kleinigkeiten 2

Vorteil Garten

Es ist schön ein Dach überm Kopf zu haben, aber in Garten vergrößert die Wohnfläche besonders wenn das Wetter mitspielt. Nun gut, im Süden Spaniens ist das oft der Fall, trotzdem ist es ein besonderer Genuss im Garten zu sitzen und eingehüllt vom Orangenblütenduft zu lesen, einen Café zu trinken oder einfach nur die Katzen beim Spielen zu beobachten. Ein Idyll trotz Corona-Pandemie und den vielen damit verbundenen Einschränkungen. Wobei, um ganz ehrlich zu sein, ich persönlich kann mich eigentlich nicht beschweren. Natürlich beschwere ich mich trotzdem. 

Mal ganz ehrlich, dieser Virus hat das Leben drastisch verändert. Die stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit, die Sperrstunde und die Angst vor einem neuen Lockdown sind im Bewusstsein und verhindern manchmal die Freude an dem, was wir haben. Das Reisen fehlt mir, so schön es auch im Garten ist. 

Tagebuch der unbeachteten Kleinigkeiten 1

Spaziergang am Abend 

In Zeiten der Corona-Pandemie wird der tägliche Spaziergang zum Highlight. Es ist wichtig rauszukommen und dementsprechend gehen ich jeden Abend eine Runde. Ein bisschen Bewegung an frischer Luft ist mit Sicherheit eine gute Sache. 

Einfach das Licht und die Abendstimmung genießen… und manchmal ist es einfach  unglaublich. Gestern zum Beispiel, das Licht und die Blumenwiese haben mich einfach alles andere um mich herum vergessen lassen. Leider hatte ich nur mein Handy dabei, aber zum Glück hatte ich es, denn so kann ich den Eindruck teilen. 

All diejenigen, die behaupten, dass die Natur heilende Kräfte hat, werden hier Ihre Bestätigung finden. 

El valle escondido - April 2021
El valle escondido – by D.Schönfeld April 2021

Neu, immer wieder neu

Das Leben ändert sich und so verändern wir uns im Laufe der Zeit. Das passiert einerseits ganz ohne unser dazutun und andererseits auch von uns beeinflusst. Es ist eine Entwicklung und die kann hier in diesem Blog seit über 10 Jahren begleitet und verfolgt werden. 

Die Stadtpflanze wurde umgetopft, jetzt lebe ich schon über ein Jahr auf dem Lande. Parallel dazu erleben wir alle die Corona-Pandemie mit den unterschiedlichsten Auswirkungen. Im Blog spiegelt sich das auch stark wieder, da gibt es seit geraumer Zeit Artikel und Posts zu Homeoffice und Achtsamkeit, dazu gibt es eine zweite Reihe an Artikeln unter der Überschrift Gelesen, da werden Bücher, die ich gelesen habe kommentiert. Nun wird noch ein Tagebuch der unbeachteten Kleinigkeiten dazukommen. Hier werden Gedanken, Erlebnisse und Beobachtungen aus dem Alltag aufgegriffen und auch fotografisch wiedergegeben werden. 

Linares de la Sierra
Linares de la Sierra – El valle escondido

In diesem Sinne auf nach Linares de la Sierra. Der Ort Linares de la Sierra befindet sich in Spanien, genauer gesagt in der andalusischen Provinz Huelva und da wiederum in einem versteckten Tal ganz in der Nähe von Aracena. Also, ich befinde mich hinter sieben Bergen bei den sieben… 

Auch die wenigen Bewohner des Tals nennen dieses: „El valle escondido“, zu Deutsch, das versteckte Tal. Viele der Bewohner sind schon älter, ein typisches Phänomen in Dörfern, nicht nur in Andalusien. Trotzdem gibt es eine Schule für die Kinder des Ortes. Auch sonst gibt es eine Menge, es gibt drei Bars, zwei Geschäfte, eine Bäckerei, eine Apotheke und auch eine Krankenstation. Es gibt auch ein Hamam, Gästezimmer und Ferienhäuser. Das Internet ist gut und was die Infrastruktur angeht, kann man wirklich nicht klagen. 

Vor der Corona-Pandemie gab es viel Tourismus, Tagestouristen genauso wie spanische, als auch internationale Besucher. Es mag auch überraschen, dass es hier viele Menschen aus dem europäischen Ausland gibt, Deutsche, Engländer, Franzosen und Holländer sind mir bekannt. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass es eine beachtliche Anzahl an Personen gibt, die über Mallorca hierher gekommen sind, wie das kommt, ist mir noch nicht bekannt.